Journalismus

Swayambhunath

Fortsetzung Reise 2001, Indien, Nepal, Tibet: Auf dem Rücken schlafender Riesen….Indien, Nepal, Tibet

Am Eingang zu Kathmandus größtem buddhistisch-hinduistischen Tempel traf ich auf Sanziv, oder vielmehr, der 15-Jährige fand mich. Wie all die anderen umherschwirrenden, so genannten Guides, die ich bisher erfolgreich abwimmeln konnte, ist auch er geübt darin, Touristen seine Dienste so lange anzubieten, bis diese entwaffnet aufgeben und bezahlen. Kaum hatte er sich mir vorgestellt, brach auch schon sein Redeschwall über alles, was uns vor die Optik kam, aus: Die Gebetsmühlen, den Affengott Hanuman, die Steine, Inschriften, das Moos – er erklärt alles und ohne Luft zu holen. Klar, dass er irgendwann nach Geld fragen würde. Nicht nur, dass mir die steil ansteigenden Treppen sowie die schwüle, klebrige Monsunluft gehörige Schweißausbrüche verursachten, viel schlimmer waren Sanzivs Sätze, nicht zu stoppen, sie hämmerten in immer gleich stimmbruchschrillen Tonfall gebrochenen Englischs gegen meine Schädelwände. Schließlich gab ich auf, mich seiner Begleitung erwehren zu wollen. Schleppend erklommen wir die Stufen zum Tempeleingang, immer wieder angehalten von winkenden, rufenden tibetischen Frauen: „Lookie, have a look, wait, see!“ Sie lachten zauberhaft und priesen kleine silberne Gebetsmühlen, Halbedelsteine, in Stein gravierte Mantren, Halsketten, Ringe an – das ganze Repertoire der – pseudotibetisch-touristisch-buddhistischen – Souvenirs wird dort in Swayambhu bedient. Fiebrig lächelte ich zurück und lehnte dankend ab, bis ich schließlich auf der fünfundachtzigsten Stufe gar nicht mehr reagierte.

Sanziv, der begeistert von „Deutschland, wonderschun“ und seinem „Friend in Munich“ erzählte, war bitter enttäuscht, als ich ihm kein Eintrittsticket für den Tempelinnenhof bezahlte. Vermutlich war auch der verletzte Gesichtsausdruck gut trainiert, und letztendlich sind die 50 Rupien Trinkgeld, die ich ihm für seine bisherigen Dienste spendierte, sehr großzügig bemessen. Eine Taxifahrt vom zehn Kilometer entfernten Hotel nach Swayambhu kostet ebensoviel.

Noch immer fällt es mir schwer, in anderen Relationen zu rechnen: Der Gedanke, für 50 Dollar drei Tage in einem angenehmen Hotelzimmer leben, Massagen sowie gutes Essen genießen, und von diesen 50 Dollar ebenfalls noch alle Touristenattraktionen der Stadt besichtigen zu können, ist noch immer befremdlich und führt gelegentlich dazu, dass ich die Trinkgelder eins zu eins in deutsche Mark umrechne. Das wiederum ist natürlich fatal und hat mir schon manch verwunderten, aber überglücklichen Gesichtsausdruck eingetragen. Mein Hotelzimmer beispielsweise kostet zehn Mark pro Nacht, der Kurs beläuft sich heute auf sagenhafte 1:34: Es ist also spottbillig für mich im viertärmsten Land der Welt. Kein Wunder, dass wir Touristen so oft angebettelt, ausgetrickst, und manchmal auch bestohlen werden. In solchen Momenten wird mir wieder einmal klar, dass die 1200 Mark für einen Flug nach Indien für mich durchaus erschwinglich sind, während diese Summe für die Menschen hier – einmal bar auf der Hand – kaum vorstellbar ist. Nur konfrontiert mich der Schluss, den die Leute ziehen, nämlich, dass ich unsagbar reich sei, mit lästigen Auseinandersetzungen. So oft bin ich gezwungen, jemandes Betteln abzulehnen, zu erklären, wegzustoßen, barsch zu werden. Mit der Häufigkeit solcher Szenen minimieren sich meine Schuldgefühle jedoch, und als ich Sanziv auf diese relativ unkomplizierte Weise losgeworden bin, gewann Erleichterung die Oberhand. Vor dem riesigen Stupa gelang es mir – umgeben nur von einigen wenigen Mönchen und ein paar herumstromernden Affen, den Ort wahrzunehmen.

Swayambhunath ist laut Reiseführer einer der heiligsten Orte des Kathmandu-Tales. Die Affen interessiert das natürlich nicht, sie tollen herum, klamüsern die Opfergaben, kaum, dass jemand etwas ablegt, geschickt aus den vergitterten Altären, und machen Swayambhus Beinamen „Monkey Temple“ alle Ehre. Obwohl die struppigen Gesellen sehr niedlich wirken, halte ich mich in sicherer Entfernung. Einer der Herdenführer, der meine Kamera wohl für das bedrohliche Auge des Feindes hielt, ging beim gestrigen Besuch einer Tempelstätte mit Zischen und ausgefahrenen Krallen auf mich los. Abends in meinem Hotel hatte mir einer der Angestellten lachend und ein wenig stolz seine Bisswunden gezeigt, mit denen er in jeder schmissigen Burschenschaft den Helden den Rang hätte streitig machen können.

Im „Zeitalter der Wahrheit“ scheinen die angriffslustigen Tiere noch keine so bedeutende Rolle gespielt zu haben, zumindest ist von ihnen in der Legende um die Entstehung Swayambhus keine Rede. Dafür aber wird die Geschichte Satya Yugas berichtet; der warf am Vollmondtag im März einen Lotussamen vom Berg hinunter. Kaum schlug der Same Triebe, schwamm die aus den Wurzeln in Guhyesvari entstandene Blüte auf dem See und sandte ein überirdisches, blaues Licht hinaus. Davon hörte wiederum der Sikhi Buddha, setzte sich auf einen Hügel und meditierte so lange auf dieses blaue Licht, bis er mit ihm eins wurde. Ein Zeitalter danach, so die Legende, erschien der Bodhisattva Manjushri aus China. Er beobachtete das Licht von Swayambhunath drei Nächte lang und beschloss dann, das Wasser abfließen zu lassen. Mit seinem Schwert teilte er die Berge und noch heute fließt der Bagmati durch die so entstandene Chobarschlucht. Der Lotus aber wurzelte auf dem heutigen Swayambhunath-Hügel und wird als Sinnbild des „Selbstgeborenen Buddha“ („swayam = selbst, bhu = geschaffen, nath = Gott“) verehrt. Der Stupa, vor dem ich so glücklich stehe, weil ich hier nicht reden muss, wurde geschaffen, den sagenumwobenen Lotus zu schützen.

In meinem Reiseführer finde ich auch den Hinweis, dass die ältesten Inschriften von 1129 stammen, im 14. Jahrhundert seien dann Moslems eingefallen und hätten die Anlage zerstört. Ich stehe also quasi vor Neubauten: aus dem 15. Jahrhundert, spätestens. Mönche gehen umher, singen, rezitieren ihre Mantras, weiter unten spielen Kinder, das Knattern der Rikschas, Flugzeuglärm. Avalokiteshvara, die Emanation des Buddha Amitabha steht golden und unberührt in einem kleinen Teich, auf dessen Umzäunung ich für eine Weile sitzen bleibe. „Beschaulich“ ist so ein Wort, für das ich meinen Großvater früher oft belächelt habe, aber als ich die weißen Stupas, die mattgoldenen Gebetsmühlen und die wunderschönen, farbenfrohen Verzierungen der Mauern im Blick habe, fällt mir auch kein besseres Wort ein.

Abends

Schwächeanfälle, Durchfall, Erbrechen: Ich kann nicht sagen, ob mein Körper sich weigert, die Stadt, die Geräusche und das Durcheinander als normale Alltagsbedingungen zu akzeptieren oder ob es einfach eine natürliche Art der Reinigung, der Ankunft ist. Enttäuscht surfte ich zu Spiegel Online, als ich in meinem digitalen Postfach gerade einmal drei Mails aus Hamburg fand. Vermutlich denken sie daheim, ich könne hier ohnehin nicht ins Netz oder, was sie erleben, wäre langweilig für mich, die ich doch das Abenteuer gewählt hatte. Eine Stunde im Netz kostet mich umgerechnet höchstens achtzig Pfennige, ich kann mich also guten Gewissens mit den Bildern der Webcam vom Hamburger Hafen trösten.

Hotelbalkon, 00:05

Die nächtlichen Geräusche sind eine Attraktion, Vögel kreischen, Hunde, die tagsüber devot durch die Stadt humpeln, entdecken zu dieser Stunde ihre eigentliche Berufung und schimpfen, als sei ihnen der Leibhaftige begegnet. Sie bellen sich die Seele aus dem Leib, was mich bisher nicht störte, da ich ohnehin gezwungen war, die meiste Zeit auf der Toilette zu verbringen. In dem engen, gekachelten Bad lenke ich mich von meinen Gebrechen mit den Vorträgen des Dalai Lama, den „Pfaden des Glücks“ ab. Zikaden kann ich auch hören. Der Mond steht dicht, sehr dicht über den farbenfrohen, duftenden Blumentöpfen hier auf meinem Balkonvorsprung und wird sowohl vom vergitterten Fenster meines Zimmers als auch den umliegenden, unbewohnten Räumen und deren Verglasungen gespiegelt.

Zuhause würde ich mich in der gleichen Situation sicher unendlich aufregen über den Lärm. Hier begreife ich, dass es nicht lohnt, sich zu ärgern über Dinge, gegen die ich nichts tun kann. Nun zähle wohl auch ich zu den Asienreisenden, die plötzlich vieles „hinnehmen“ können, loslassen. Europäer und ihre spirituellen Anwandlungen; schaun wir mal, wie weit mein Gleichmut reicht, wenn ich morgen erst wieder in Kathmandus Gewimmel zurechtkommen muss.

26. 8., Kathmandu

Auch wenn die Zeit heftig am Äußeren des früheren Königspalastes nagt, der in der Stadtmitte thront, ist er noch immer eine architektonische Augenweide. Weiß verputzte Hauptgebäude, beflankt von Stelen aus rotbraunem Lehm. All diese etwas verwahrloste Pracht unter einem Dach aus bemoostem Schilf. Ziegen stöbern im Schutt der umliegenden Gebäude nach Essbarem. An den Dachfirsten erregen erotische Holzschnitzereien die Aufmerksamkeit der umherpilgernden Touristen, und auch wenn abbröckelnder Putz an einigen Stellen an eine Hautkrankheit erinnert, wohnt den Details dieser facettenreichen Holzfiguren noch immer eine unglaubliche Schönheit inne.

Stundenlang hocke ich hier oben auf den Stufen der Paläste oder auf der Terrasse eines – wenngleich teuren – Restaurants, von dessen Dach ich das Treiben dort unten gut überschauen kann, ohne direkt involviert zu sein.

Rot bemäntelte Hindugötter, blaubemützte Polizeiwachen, baseballbekappte oder sonnenschutzbetuchte Touristen, gehörnte Abbilder vergangener Epochen, hier oben habe ich alles im Blick und bin umgeben von Gewürzdüften, aber nicht bedroht vom aufwirbelnden Straßenstaub. Genieße es, die farbenfrohen Saris der Frauen zu bewundern. Erstaunlicherweise tragen sie selbst bei der Arbeit außergewöhnlich leuchtende Stoffe, als gingen sie zu einem Fest. Liebste Gewissheit dieser seltsam fremden Tage ist mir jedoch immer aufs Neue die Sonne auf der Haut und der laue Wind, denn anders als in Deutschland muss ich hier nie den Wetterbericht in Anspruch nehmen. Gesetzt, der Monsun hätte Reste seiner nassen Anwesenheit über Kathmandu übrig gelassen, muss doch niemand fürchten, der Regen ginge mit Kälte einher.

Als hätte ich auf dem Durbar Square zuviel des Lobs über Nepals Hauptstadt geschrieben, muss ich später, bei der Suche nach ein wenig Grün eine herbe Schlappe einstecken. Ehrlich gesagt, liebäugelte ich mit dem Gedanken an einen Park, wie ich ihn bislang noch in jeder Stadt gefunden habe. Aus der Ferne sehe ich Kinder im Fluss Bagmati spielen, und sofort gaukele ich mir vor, es gäbe dort auch Gras und einen Flecken, an dem ich Rast machen könne. Doch weit gefehlt, Knochen, Müll, ganze Rinderbeine schimmeln, stinken, morasten vor sich hin. Die Kinder mittendrin, barbäuchig, ins Spiel versunken und lachend. Meine Ekelgrenze ist längst überschritten, zumal ich in meinen Sandalen barfuß und bis zu den Knöcheln im Morast versunken bin. Unter dem verschämten Gelächter der Umstehenden kämpfe ich mich zurück auf die schlammige, aber etwas festere Straße des Slumviertels. Ein völlig verrotteter und trotzdem erstaunlich fahrtüchtiger Toyota, ein im Schlamm rüffelndes Schwein und der umgefallene Rest eines Zaunes versperren mir den Weg. Der Fahrer des Wagens hupt wie wild, das Schwein rüsselt ungerührt vor sich im Boden, bis ich mich schließlich entnervt zwischen beiden Parteien hindurchzwänge.

Nachts

Wie in den vergangenen Nächten auch, lese ich im Badezimmer. Die „Pfade des Glücks“ sind sehr tröstlich in Zeiten wie diesen. Es regnet in Strömen.

28.8., noch immer Kathmandu, „Green Guest House“

Die meisten Häuser rund ums Hotel müssen wegen ihrer verarmten Besitzer oder Bewohner mit verrußten Dächern und bröckelndem Putz auskommen. Doch egal wie heruntergwirtschaftet sie sind, auf keinem fehlt die riesige Satellitenschüssel, chromblitzend und unübersehbar. Hier im Touristenviertel Thamel lösen der ansteigende Straßenlärm und nicht zu ignorierendes Husten ringsum die bis morgens fünf Uhr kläffenden Hunde ab. Dazugelernt habe ich, dass ich die Hauptwege hastig bis zum schützenden Frühstücksrestaurant im Innenhof einer Nebenstraße entlang eilen muss, weil mich sonst eifrige Besenbesitzer rücksichtslos in ihre Staubwolken einhüllen. Ist man rechtzeitig, also zwischen fünf und sieben Uhr unterwegs, bietet das erwachende Kathmandu seltene Anblicke: Rikschafahrer embryonal in ihren schirmbeohrten Gefährten schlafend. Einer der bereits erwachten Männer puhlt sich in den Ohren, ein anderer richtet ausgiebig, was zwischen den Beinen unbequem zu liegen scheint. Der Nächste schnäuzt lautstark in die hohle Hand und verteilt den Schleim handwedelnd auf die Straße. Grell-Orange fällt der Turban eines Bettlers ins Auge, der aufrecht seines Weges zieht, während einer seiner Mitstreiter weniger farbenfroh und gebückt seinen Weg kreuzt, ihn über irgend etwas aufklärt. Ich verstehe kein Wort, stehe einfach daneben, lausche auf das Stimmgewirr und filme das Theater mit meiner Kamera. Wenn ich meinen Freunden die Videos zeigen werde, was wird sichtbar, erklärbar, verständlich sein?

Manchmal vergesse ich, die Kamera abzuschalten, dann sieht man in den Aufzeichnungen meine Schuhe neben denen der vorübereilenden Nepalesen: wasserfeste Neoprenwanderstiefel neben schlammbesprenkelten, zerrissenen Badelatschen.

Nachmittags

Beim Frisör, in dessen Laden ich kurzentschlossen und ohne rechten Grund eintrat, wurde ich in einen durch einen Vorhang abgetrennten Raum geführt, mein Kopf robust und ohne viel Fragen über ein schmieriges Waschbecken gebeugt, das vor Dreck und Haaren nur so strotzte. Der Mann massierte wortlos meinen Kopf, ich wusste, er war verwundert, konnte aber nicht ausdrücken, was ihn so verstörte. Er massierte mir stattdessen Öl ins trockene Haar und wich, als der Meister persönlich auftauchte, demütig aus. Der Ladenbesitzer sprach immerhin gut genug Englisch, um seinem Erstaunen Ausdruck zu verleihen: „You are a woman?“ Bedeutungsvoll ließ er die Schere klappern. „Shorter?“ Im Spiegel konnte ich ihn beobachten. Eine Frau mit so kurzen Haaren, und nun wollte sie es noch kürzer. Er traute seinen Augen nicht.

„You’re hair is like these…“ zeigte er auf ein ausgerissenes Zeitungsfoto von irgendeiner Wüste. Hochgezogene Augenbrauen meinerseits: Nein, ich will es auch nicht färben lassen. Vermutlich war es allein die Aussicht auf die ausgehandelten 600 Rupien, die ihn verstummen ließen. Manchmal weiß ich nicht, ob es um meine Geschlechtsidentität oder nur um den Preis geht.

Amüsiert stellte er – sich einiger englischen Vokabeln erinnernd – fest, dass ich ja gar nicht wie eine Europäerin aussähe, seiner Meinung nach sei meine Haut „too dark“. Viele Inderinnen sowie auch einige nepalesische Frauen, so sie wohlhabend genug sind, schmieren sich teure weiße Cremes ins Gesicht, während ich Zuhause Geld für die Sonnenbank ausgebe. Davon erzählte ich besser nichts. Widersprüche dieser Art zu debattieren, scheint mir immer öfter überflüssig.

Schmunzelnd rasierte der Figaro dann auch ohne weitere Diskussion die Höfe um meine Ohren wie bei einem Mönch. Wahrscheinlich war es seine Art, mit unseren gegensätzlichen Frisurwünschen fertig zu werden. Wenn ich schon nicht eindeutig Frau sein wollte, war es doch keine schlechte Idee, mich per klösterlichem Haarschnitt der Religion zu übergeben. Als alles fertig war, beeilte er sich, meinen Kopf über das Becken zu drücken und wild drauf los zu massieren. „You like the nepali massage?“ Mein voreiliges „Yes“ bezahlte ich – weitere Lektion – mit zusätzlichen 120 Rupien, denn auch die Diskussionen um nicht vereinbarte Leistungen, bin ich so leid. Wir beendeten den Disput mit einem freundlichen „Namaste“. Ich schaffte es sogar, bei dieser nepalesischen Verabschiedungsfloskel meine Hände aneinander gefaltet in seine Richtung zu erheben und gönnte ihm, dass er wahrscheinlich an diesem Tag seinen sonstigen Wochenverdienst getoppt haben würde.

Zurück auf der Straße entdeckte ich weiße, verblichen-gelbe, ja sogar blass-blaue Gebisse, die stolz in gläsernen Laden-Vitrinen präsentiert werden. Hinter deren Tresen entdecke ich immer gleich gelangweilt- aussehende Besitzer, und bisher habe ich nie auch nur einen Kunden entdecken können in diesen Family Dentist Centern.

Kids hüpften mir auf einer der fünf Hauptstraßen entgegen, in die ich einbog, um einfach herumzuschlendern und mich nicht zu verlaufen. Ihre Schuluniformen, egal, ob weiß, blau oder grau, sind auf jeden Fall immer akkurat gebügelt und scheinbar unangetastet vom Staub. Wie sie das schaffen, ist mir rätselhaft. Mich jeden Tag aufs Neue zu erschrecken, das gelingt auch den Zeitungsjungen, wenn sie dicht hinter mir und in eigenartiger Betonung plötzlich lauthals loslegen, um ihre Neuigkeiten, von denen ich keine Silbe verstehe, zu verkünden. Wie oft schon dachte ich, es wäre ein Krieg ausgebrochen.

Vertrauen, dass Kathmandu nicht allein vom Chaos regiert wird, fasseich dann doch wieder in den Begegnungen. Wie zum Beispiel jener, bei der mir der bestürzte Besitzer eines Textilgeschäftes nachlief. Es wäre unmöglich, dass ich für den Katta, einen weißen Seidenschal, der oft als Geschenk überreicht wird, 100 Rupien bezahlte. Aber genau diesen Preis hatte ich doch mit seinem Neffen vereinbart? Irritiert fand ich nach einigem Hin- und Her heraus, dass er um seinen guten Ruf fürchtete, wenn er mir den Katta derart überteuert überließe. Dabei war ich doch stolz gewesen, den Schal von geforderten 180 auf 100 Rupien heruntergehandeltzu haben. Nun bekam ich unaufgefordert 50 Rupien und das Gefühl zurück, dass nicht jeder in dieser Stadt darauf aus ist, mich zu betrügen, nur weil ich Ausländerin bin.

Fortsetzung Teil 3: little Buddha ist nicht blond

Journalistin, Fotografin, Hundeteamleiterin

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