
Notizen, in Feldern geschrieben
“Kamerafokus auf sehr hohen High-Heels, eine Stewardessentasche mit dem Emblem einer Billig-Airline und dazu der Song “Street Life”….gab ich mein nächstes Rätsel auf und versuche, nicht wieder falsch abzubiegen. Meine Freundin Katrin, mit der ich bei einem Hundeseminar von Günther Bloch in der Eifel war, versuchte mich wachzuhalten, da wir bis Berlin eine lange Strecke vor uns und wegen der Übernachtung im Auto wenig Schlaf hinter uns hatten. “Jackie Brown von Tarantino!”
Gelegentlich sind Erinnerungen interessant, weil sie sich wie ein Ariadnefaden durch das schlängeln, was sich erst später (zumindest in der dualistisch und zeitlich wahrgenommenen Welt) als Ursprung eines späteren Erlebnisses zeitigt. Mit diesem Bloch-Seminar erging es mir so, doch das wurde mir erst bei der Planung der Wölfe-Raben-Herdenschutz-Tour bewusst.
Dem Hundeseminar konnte ich nicht wirklich viel abgewinnen. Vielleicht lag es auch an den vorwiegend älteren Groupiedamen mit kleffenden Fiffis auf dem Schoß, dass Katrin und ich sehr abgeklärt nach Hause fuhren, aber ein Hinweis Blochs auf die Zusammenarbeit zwischen Raben und Wölfen hatte ich abgespeichert. Und nun, nach all den Jahren, seitdem das Thema „Wolf in Deutschland“ soviele Gemüter erhitzt, kam mir das wieder in den Sinn.
Gestern dann, bekam ich trotz meines chaotischen Ankommens im Wolfsforschungscenter Ernstbrunn dennoch ein – leider zu kurzes Interview. Dennoch gab mir die Wolfs- und Hundetrainerin Lina Oberließen interessante Einblicke in die Arbeit der ForscherInnen.
Nun ist das WSC allerdings expilzit auf vergleichende Wissenschaft in Sachen Wölfe und Hunde ausgerichtet und zu meinem Aspekt der Zusammenarbeit zwischen Raben und Wölfen konnte mir die, seit anderthalb Jahren mit den Tieren arbeitende Lina leider nichts sagen. Hinzukommt, dass sie die dorrt gehaltenen Wölfe nicht mit lebender Beute füttern, sprich, die Gehegewölfe jagen nicht.
Auch zum Thema: freilebende Wölfe will man am WSC nicht soviel sagen, da eben die Forschungen ganz anderer Art und mit differenten Themen gefärbt sind. Dass Wölfe aber in früher Jugend auf ihre spätere Beute geprägt werden, war ein Thema unserer Unterhaltung.
Um einen tieferen Einblick in die Arbeit des Wolfsforschungszentrum zu bekommen, werde ich auf jeden Fall noch einmal hierher kommen und dann auch eine angemeldete Testreihe beobachten und ein Interview mit Kurt Kotraschal führen.
Auf dem Rückweg am See, wo Yoshi eine verdiente Schwimmpause bekam, sprach ich dann noch mit einem Seniorenehepaar, die mich noch auf einen anderen Aspekt des WSC verwiesen. Denn, seit das Center dort eröffnet hat, ist es für die Dörfle-Anwohner an der Zufahrtstraße kein Vergnügen mehr, dort zu wohnen. Vor allem an den Wochenenden gäbe es durch den
Besucherverkehr erhebliche Einschränkungen, aber das, so die freundliche, ältere Dame: „interessiere die Reußen ja nunmal gar nicht. Wie früher, das Volk hat eben immer zu spuren. Und ja, den Kotraschal kennen wir persönlich, er ist der Doktorvater unserer Tochter gewesen.“
„Was sagt er zu der Lärmbelästigung?“ „Das tangiert ihn gar nicht, er hat sein Zentrum bekommen. Alles andre ist ihm egal.“

Warum dieser Schlenker am Ende dieses Beitrags?
Weil ich finde, genau das ist eines der Probleme – nicht immer sind es die Wölfe selbst, die bei Teilen der Gesellschaft für Unmut sorgen. Denn, wie ich zum Beispiel schon in Bayern erfahren musste, wo Biobauern allein um die Anerkennung ihrer Herdenschutzhunde seit Jahren – und bisher erfolglos ringen, sie aber mit unverständlichem Ärger durch die Nachbarn zu kämpfen haben.
Solcherlei Berichte wurden mir im Vorfeld meiner Reise als Interviewthemen schon häufig angetragen, ich werde dem ganz sicher auch Raum geben und bin selbst gespannt, wie die lokale Presse auf Geschichten dieser Art anspricht.
Momentan fällt mir oft auf, wie sehr die publizierten Themen in regionalen Tageszeitungen sich um die eigene Achse drehen: es gibt „Wolfsrisse“ und es gibt Artikel über den – ach so tollen – Herdenschutz. Kaum jemand berichtet über die Schwierigkeiten, die Menschen vor Ort mit anderen Problemen als dem Wolf ansich haben.

