Karte der Baltikumrreise
Reisen

Baltikumreise: Druskininkai, Trakai, Vilnius

Teil 2:

Da ich zeitversetzt schreibe, weil wir nicht immer Internetzugang oder Zeit zum Schreiben haben, helfen mir die gemachten Fotos sehr beim Erinnern der einzelnen Orte und Begebenheiten. Wie die meisten Reisenden das kennen, ist es nach drei, vier Tagen der schnellen Ortswechsel oft gar nicht mehr so einfach, die Chronologie einer Reise wiederzugeben, geschweige denn kleine Feinheiten, die einem aufgefallen sind, zu erwähnen.

ein Herdenschutzhundmix markiert auf einer Anhöhe am Meer

So zum Beispiel die Tatsache, dass wir selbst in den großen Städten kaum Menschen gesehen haben, die auf der Straße oder gar hastig essen. Überall saßen die Leute bisher im Café oder Restaurant, das bedeutet aber auch, dass wir nur diejenigen sahen, die sich das leisten können. Ein Erasmusstudent, den wir in Nida trafen, studiert in Vilnius und erzählte, dass auf den Märkten viele ältere Frauen versuchen, Plastiktüten mit aufgedruckten Markennamen zu verkaufen.

Wir haben bisher kaum Bettler oder Zeugnis bitterer Armut entdeckt. Das heißt allerdings leider nicht, dass es dergleichen nicht oft genug gibt. Wir waren einfach nur zur falschen Zeit am anderen Ort.

Doch der Reihe nach: Vom Bade- und Kurort Druskininkia ging es für uns weiter mit dem (bisher) zuverlässigen VW Polo gen Trakai, und noch gab die Witterung keinen Anlass zur Sorge, dass wir eventuell doch von den Alljahresreifen würden auf Schneeketten umsteigen müssen. Zwar ist es relativ kalt, aber das ist eher normal für Ende November und durchaus – ein – für Nord- und Ostdeutsche gewohntes Klima.

Unsere nächste Station Trakai wird im Reiseführer gern als das perfekte Tagesausflugsziel von Vilnius aus genannt. Wir haben es einfach vor unserer Anfahrt auf die Hauptstadt auf die Tagesordnung gesetzt und waren mit dem 2 ½ Stunden-Besuch im winterlichen Seen- und Burgen-Örtchen gut beraten. Das rote Backsteinschloss hat mich persönlich eher an eine Burg denken lassen, die Wachtürme, eine angedeutete Guillotine im Hof (wir durften wegen des Vierbeiners nicht hinein) und eine Art Zugbrücke ließen dann doch weniger ein Schloss vermuten, aber seis drum. Sehr hübsch, so oder so.

Mittelalterfans verzeihen mir den lakonischen Ton, bitte:=)

ein Hund auf einer Brücke aufgerichtet

Tina bemängelt an dieser Stelle, ich beschriebe die verträumte Szenerie allzu negativ. Deshalb – und weil sie vermutlich recht hat – hier also der Hinweis: Trakai hat ihr bisher am allerbesten gefallen und wir sind mittlerweile nach der Kurischen Nehrung und dem Berg der Kreuze in Lettlands Hauptstadt Riga gelandet!

Berg der Kreuze, Baltikum

Also: Trakai liegt wirklich in einer fabelhaften und wunderschönen Umgebung, das Schloss mag eher an eine Burg erinnern, aber das schmälert seine Schönheit in keinster Weise. Das Dörfchen bezieht seinen Charme vor allem aus den Holzhäuschen, Fischerhütten, den im Winter fest vertäuten Seglern und nicht zuletzt den Marketendern, die am See trotz eisiger Winde versuchen, ihre Matrjoschkas und andere Souvenirs an die Leute zu bringen.

Burg Trakai, Baltikum

All das schmiegt sich in eine winterlich beruhigte Gegend aus stillen Seen und Nebeln, die das Ganze irgendwie verzaubert und unberührt erscheinen lassen. Selbst die Katzen verdrücken sich hinter den Steinen und beobachten den Hund aufmerksam, aber nicht besonders kratzbürstig.

Berg der Kreuze, Marienfigur

Im Sommer häufen sich wohl vor der romantischen Kulisse die Heiratswilligen und ich schätze, die Busse mit kamerabewehrten Japanern lassen an wärmeren Tagen auch nicht lang auf sich warten. Wir hatten das Glück, einigen wenigen Touristen und einer Schulklasse problemlos aus dem Weg gehen zu können. Im ersten Restaurant einmal mehr das – no dogs! Und dann notgedrungenermaßen dafür den besseren Deal in Sachen Preis-Leistung zu finden – wir aßen beim einzigen Türken im Ort: hervorragend, ausreichend (wie meine Dresdner Oma immer zu sagen pflegte) und wirklich preiswert, dazu freundlich bedient, auch wenn die Kellnerin vor unserem Hund ganz augenscheinlich großen Respekt hatte.

Verbürgt ist von Trakai eigentlich nur, dass Kęstutis im 14. Jahrhundert seinen Hofstaat dort errichtete. Der Rest der Legenden dreht sich um nicht zu Belegendes wie der Aussage, dass Gediminas vermutlich in den 1320ern es zu seiner Hauptstadt machte und anderes. Das führt an dieser Stelle zu weit. Wir nehmen Sie/Euch lieber mit auf den Weg nach Vilnius.

Es folgt: Der Reisebericht Vilnius, Klaipeda, Kurische Nehrung: Nida und Riga, wo wir seit gestern sind

Nida, Baltikum, Nachtaufnahme

Wir waren essen in Nida heute Abend und es ist auch nachts unfassbar schön, während die Kurische Nehrung sich hier tagsüber mit ihren Sanddünen und dem Sommerhaus Thomas Manns und auch den übrigen Holzhäusern wirklich sehen lassen kann). Ganz egal, dass wir keine reisefreundliche Jahreszeit ausgewählt haben) – nachts ist es ein wahres Vergnügen zu fotografieren, diese besondere Stimmung einzufangen. Abgesehen natürlich von den abgefrorenen Fingern bei Langzeitbelichtungen.

Samstag, 24. November 2007: Von siechenden Genossen und Holzhausbadestuben

Grandiose Sanddünen gestalten die kurische Nehrung, das Sommerhaus Thomas Manns

Nach der Fahrt durch gott- und auch sonst verlassene Gegenden, Nacht und Nebel fanden wir dann ins Zentrum der ersten litauischen Stadt auf unserem Weg: Alytus. Da wir völlig übermüdet und erschöpft waren, konnten wir nicht prüfen, ob der Lonely Planet Reiseführer recht hat, wenn dort beschrieben wird: „Das hübsche Alytus hat Radwege in Hülle und Fülle und ist außerdem ein gutes Sprungbrett für Fahrten ins Naturschutzgebiet Zuvintas, einem wichtigen Vogel-Brutgebiet. Für uns war es zuallererst ein gutes Sprungbrett ins Bett, das wir glücklicherweise trotz Hund am Ende doch nicht verwehrt bekamen. Zunächst jedoch fuhr uns noch ein Schrecken in die müden Knochen, denn nachdem das Zimmer schon bezahlt und klargemacht worden war, erschrak sich die Rezeptionistin wohl doch angesichts des großen Hundes und sagte plötzlich, wir könnten nicht mit ihm hier übernachten. Dabei hatte sie vorher die Frage nach dem Hund im Zimmer mit „kein Problem“ beantwortet.

ein Hund im meer

Als wir enttäuscht den Schlüssel wieder aufs Pult legten und warteten, dass sie uns das Geld zurückgäbe, fasste sie dann doch einen Entschluss zu unseren Gunsten. Das einzige Restaurant, ein hübsches, italienisch anmutendes Lokal blieb uns dann doch versagt, ich muss es wahrscheinlich gar nicht mehr erwähnen: Hundeverbot. Also Abendessen auf dem Zimmer, die Reste aus dem Berliner und Hamburger Haushalt mussten ohnehin verputzt werden, eine Flasche Wein hatten wir auch noch, also ein geruhsamer erster Abschluss.

Kurische Nehrung, abends

Und wieder wachte Sky wie ein ausgemachter Herdenschutzhund und wie es seine Gene ihm eben auftrugen, wieder hatten wir abwechselnd zu tun, ihn zu beruhigen.

Morgens gegen halb sieben war es ohnehin vorbei mit der Ruhe, die Stadt begann ihren Alltag und der Hund und ich mengten uns unter die zur Arbeit Eilenden, drehten eine Runde im gut gepflegten Park und machten uns anschließend mit gepackten Sachen auf die Suche nach der Straße nach Druskininkai.

Druskininkai

Litauens ältester Badeort aus dem 19. Jahrhundert stellte in sowjetischen Zeiten das Refugium alternder und dem Tod entgegensiechender Genossen dar. Wie so viele andere Leute auch erhofften die sich von den Heilquellen wahre Wunder und ließen einen Sanatoriumsklotz nach dem anderen in Druskininkai errichten. Glücklicherweise blieben auch viele der alten Holzhäuschen erhalten oder man investierte in jüngster Zeit viel Geld, um dem Badeort seinen Charme zurückzugeben. Nach einem wunderbaren Kaffee und ausgesprochen leckeren Crepes in einem sehr schönen Kaffeestübchen wanderten wir durch die menschenleeren, teils verrotteten und teils neu aufgemotzten Heilbäderanlagen.

Wasserturm

 Ein riesiges Areal mit weißem Wasserturm in einem der russisch anmutenden Waldstücken überraschte uns mit seiner etwas gruseligen Atmosphäre, die verlassene Gebiete so an sich haben, wenn sich überall noch Spuren des ehemals menschlichen Lebens finden. Im Reiseführer steht der Hinweis, dass die teuren SPA-Wochenendtouristen aus Vilnius viel Geld in die Kassen spülen, allerdings trifft man diese wahrscheinlich eher im Frühjahr und Sommer an, denn wir waren auf den weitläufigen Parkalleen fast die einzigen Spaziergänger.

Nach einem von mir nicht gewertschätzten Schluck aus der salzigen Heilquelle und einem kurzen Fotostop am eindrucksvollen Forstmuseum ging es für uns weiter gen Hauptstadt.

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